Prof. Dr. Heinrich Honsell (Universität Zürich, Schweiz)
Das Einheitliche UN-Kaufrecht (CISG) aus schweizerischer Sicht: Allgemeines; Entstehungsgeschichte.


I. Allgemeines. Entstehungsgeschichte

Das UN-Übereinkommen über den internationalen Warenkauf (CISG), nach den in Wien geführten Verhandlungen auch "Wiener Kaufrecht" genannt, ist für die Schweiz am 1. März 1991 in Kraft getreten. Das CISG setzt für Kaufverträge mit Auslandsbeziehung an die Stelle nationaler Kollisionsnormen ein materielles Einheitskaufrecht.

Dem Übereinkommen sind inzwischen mehr als 40 Staaten beigetreten, darunter Frankreich, Italien, USA, die Bundesrepublik und Österreich. Zusätzliche Aktualität erhält das Übereinkommen durch die zu erwartende Belebung des Handels mit den ehemaligen Ostblockstaaten, welche ebenfalls zu den Signatarstaaten zählen.

Die langwierige und wechselvolle Geschichte des Abkommens (s. etwa SCHLECHTRIEM, Einheitliches UN-Kaufrecht, 1ff.) lässt sich bis in die zwanziger Jahre zurückverfolgen. Einer der bedeutendsten europäischen Juristen dieses Jahrhunderts, ERNST RABEL, hat am damaligen Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Berlin diese Pläne entwickelt und im Jahre 1936 eine umfassende rechtsvergleichende Untersuchung über das "Recht des Warenkaufes" vorgelegt. Die Bemühungen des Völkerbundes und des internationalen Instituts zur Vereinheitlichung des Privatrechts (UNIDROIT) in Rom wurden durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen. Nach dem Kriege wurde auf der Grundlage dieser Vorarbeiten im Jahre 1964 das Haager Übereinkommen über ein Einheitliches Kaufgesetz abgeschlossen, dem jedoch im Hinblick auf die fehlende Beteiligung der USA und der UdSSR sowie der übrigen RGW-Staaten und der Entwicklungsländer kein Erfolg beschieden war. In der Folgezeit hat sich eine Kommission der UNO (UNCITRAL: United Nations Commission on International Trade Law) der Problematik angenommen. Der UNCITRAL-Entwurf war dann Gegenstand der Wiener Konferenz, an welcher im Jahre 1980 das endgültige Abkommen ausgearbeitet wurde. Ende 1987 hatte die erforderliche Zahl von zehn Signatarstaaten das Abkommen ratifiziert, so dass es am 1. Januar 1989 in Kraft treten konnte.

Das Abkommen ist in sechs authentischen Sprachen verfasst: Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch, Arabisch und Chinesisch. Die deutsche Übersetzung wurde in einer Arbeitsgemeinschaft der deutschsprachigen Länder erstellt (BRD, Österreich und Schweiz). Die deutsche Fassung ist nicht authentisch. Bei Auslegungszweifeln ist daher auf die authentischen Fassungen zurückzugreifen.